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Englischer Landschaftsgarten

Geschichte

Entwickelt wurden sie ab Anfang des 18. Jahrhunderts in - wie zu vermuten - England, als eine gezielte Abkehr vom streng formalen, barocken Stil in der Gartengestaltung, hin zu mehr Natürlichkeit und Romantik, ganz im Sinne der nun angebrochenen Epoche. Ein aufklärerischer Anspruch durchzog zunehmend Europa, insbesondere die englische Gesellschaft, wo zentralisierte Macht mehr und mehr einem liberaleren Denken wich.

Die ersten Landschaftsgärten wurden so zuallererst auf Anwesen oppositioneller Adliger angelegt, und galten nur innerhalb dieser gebildeten Gesellschaftsschichten als wünschenswert (und wurden dort erst verstanden), ehe erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Gärten auch für die Öffentlichkeit entstanden.

Landschaft samt ionischem Tempel bei Chiswick House 1)

William Kent schuf zwischen 1724 und 1736 in Chiswick House einen der ersten Prototypen des heute bekannten Englischen Landschaftsgarten, indem er einen recht formalen, gräflichen Garten landschaftlich so umwandelte, daß nicht mehr nur rein architektonische, künstliche Aspekte, sondern vor allem die Natur als Hauptinspiration herangezogen wurde. Geometrische Strenge wich einer freieren Linienführung.

Gebäude dienten nun oft als Staffagebauten und zusätzliche Dekoration innerhalb der Landschaft, nicht mehr als dominanter Hauptzielpunkt in der Landschaft. Hierzu wurden, wenn nicht einfach nur zweidimensionale Scheinbauten, kleinere Bauten wie Tempel oder Brücken in klassischer Architektur, Follies (ungewöhnliche Zierbauten), Obelisken, dorische Säulen, aber sogar selbst römische Ruinen, muslimische Moscheen oder chinesische Pagoden, die sich in bestimmten, harmonisch einfügenden Aussichten befinden, in das Gartenkonzept integriert. (Die exotischen Bauwerke vor allem deshalb, weil Großbritannien als Seemacht bereits zu dieser Zeit einige Eindrücke aus fernen Ländern aufnehmen konnte. William Chambers galt hier als Spezialist für diese extraordinäre Architektur.)

Was passierte war eine zunehmende Emanzipation der Gartenarchitektur in eine freiere, offene Gestaltungsform, welche jegliche Schwere und Ermüdung der vorhin recht rationalen Gesichtspunkte abwarf und durch ein Spiel der Formen ersetzt hat. Der Erfolg zeigte sich im Export dieses Stils sogar ins europäische Ausland, vor allem nach Frankreich oder insbesondere Deutschland.


Blenheim Palace Park und Gärten (1835) 2)

Welche Fülle reicher Bäume der sanfte Wind bewegt,
in des Wechsels buntem Spiel Floras Reich entsteht.

Überall funkeln Lichter auf dem Wasser weiter Seen,
nirgendwo ist des Gartens Schönheit besser zu sehen.

Selbst Grafen, Fürsten und Könige träumen von ihr,
fern von Hof und Kriegsgeschrei erquicken sie sich hier.

Die Tore aber verschließen sich für alle getreuen Untertanen,
so sind Blenheims Park und Schloß erbaut für Marlboroughs Ahnen.

Dieses wundervolle Gedicht ist zu Ehren des Englischen Landschaftsparks um Blenheim Palace in Oxfordshire, England, verfaßt worden. Der Park selber bildet heute eine der besten Verwirklichungen des englischen Stils ab.


Charakteristika

Claude Lorrain - Die Verstoßung der Hagar (1668) 3)


Claude Lorrain - Apollo und die Musen (1680) 4)
Skizze des Konzepts einer Ha-ha-Mauer 5)

Man wollte wegkommen von der Machtdemonstration des Menschen gegenüber der Natur, und hatte hierbei schon genaue Inspiration gefunden: Die Landschaftsgemälde damaliger Maler wie Claude Lorrain, Nicolas Poussin und Salvator Rosa. Der Englische Garten sollte so etwas wie ein betretbares Gemälde sein. Eine „Überschaulandschaft“, mitsamt malerischer Ansichten und einer idealisierten Sicht auf die Natur waren das erklärte Ziel.

Wie in den Gemälden zu sehen sind weite Ausblicke in die Landschaft, in Verbindung mit einer vor allem sich harmonisch in die Natur einfügenden Architektur das Hauptmotiv, welches die damaligen Gartenarchitekten zu ihrer Schöpfung inspirierten.

Daher erklären sich grundlegende Züge wie:

  • Naturnahe Geländemodellierung (hügelig, mäandrierend)
  • Vermeiden gerader Linien
  • Einbettung in Geographie des Ortes
  • Unregelmäßige Seen
  • Verstärken des Eindrucks von Weite und Freiheit





Im Speziellen werden in Englischen Landschaftsgärten gerne Ha-Has eingesetzt, um so einen möglichst fließenden, wenig künstlich wirkenden Übergang zwischen Parkbereich und umgebender Natur zu schaffen.


Pflanzen

Weite Wiesenfläche samt locker verteilten, meist heimischen Baum- und Sträuchergruppen (clumps) aus Eichen, Buchen, Eschen und Birken, stellen die Hauptpflanzenarrangements des Englischen Landschaftsgartens dar. Beetrabatte, wie sie noch in Barockgärten üblich waren, fallen komplett weg. Bäume sollen sich nun, im Gegensatz zu den Formschnitten der Barockgärten, frei zu ihrer naturgegebenen Größe entfalten können.

Lancelot Brown, der Landschaftsarchitekt der Gärten von Blenheim Palace hierzu:

Vieles in der Schönheit hängt von der Größe der Bäume ab, sowie der Farbe des Laubs, um die Effekte von Licht und Schatten zu erzeugen, die so wichtig sind in einer perfekten Planung.

Es geht darum das, was nicht paßt zu verbergen und das Schöne herauszustellen. Von den großen Bäumen Schatten zu erhalten, und von den kleineren Sorten der Sträucher den süßen Duft.

Zunehmend wurden aber nicht nur heimische Gehölze als sinnliche Kulisse zugelassen, sondern wie z. B. in den (später dann botanischen) Gärten von Kew auch exotische, fremdländische Flora wie die nordamerikanische Robinie, brasilianisches Mammutblatt, der japanische Fächerahorn oder die chilenische Araukarie verwendet, wie es z. B. der Nachfolger Browns, Humphry Repton zunehmend beherzigt hat, denn ihn interessierten das idyllische Zusammenspiel exotischer Natur z. B. von Palmen mit der gotischen Architektur der Herrenhäuser, um die er die Gärten geplant hat. Das gilt gemeinhin auch als Grundlage des viktorianischen Parks, einer Weiterentwicklung des Englischen Landschaftsgartens im 19. Jahrhundert.


Wirkung

Das Spezielle an Englischen Gärten ist, daß sie oft wie völlig natürlich, also ohne menschlichen Eingriff, wirken. Das hat aber nichts mit der Realität zu tun, denn es ist viel Feingefühl nötig, um die Proportionen, die für diese Wirkung nötig sind, genau einzuhalten.

Es ist eine wahre Kunst, Seen genau so aufzustauen und Architektur wie Brücken genau so zu positionieren, daß sie wie eingebettet in der Landschaft liegen und dem Betrachter das Gefühl geben, wenn er diese Umgebung sieht oder betritt, ebenso Teil des harmonischen Gesamtgefüges zu sein:

Landschaft bei Wentworth, South Yorkshire vor einer Umgestaltung 6)
Landschaft bei Wentworth, South Yorkshire nach einer Umgestaltung 7)



Verwirklichte Anlagen von Weltrang

Park Garden, Stourhead 8)


Palladianische Brücke, Stowe 9)


Englischer Garten, München 10)


England:

  • Chiswick House, London
  • Blenheim Palace, Woodstock
  • Park Garden, Stourhead
  • Prior Park, Bath
  • Landscape Gardens, Stowe
  • Kew Gardens, London
  • Sheffield Park, East Sussex
  • Heaton Park, Manchester

Frankreich (wo sie hauptsächlich Umwandlungen zum Landschaftsgarten sind):

  • Parc Monceau, Paris
  • Désert de Retz, Yvelines
  • Château de Méréville, Essonne

Deutschland:

  • Englischer Gartenteil des Schloßparks Schwetzingen
  • Landschaftsgarten, Machern
  • Rombergpark, Dortmund
  • Georgengarten, Hannover
  • Hinübersche Garten, Hannover
  • Wörlitzer Park, Dessau
  • Ilmpark, Weimar
  • Fürst-Pückler-Park, Bad Muskau

Osteuropa:

  • Landschaftspark, Lednice und Valtice (Tschechien)
  • Pavlovsk Park, St. Petersburg (Russland)
  • Arkadia, Łowicz und Nieborów (Polen)

Amerika:

  • Central Park, New York

Englischer Landschaftsgarten (Wikipedia)
Der Englische Landschaftsgarten (Dokumentation, Paradiese auf Erden, BR alpha)

englischer_landschaftsgarten.txt · Zuletzt geändert: 2022/04/02 14:30 von cn